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Holzschnitt, 2011
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Hausschatten – Schattenhaus

 

Woraus besteht ein Baum? – Aus Brettern! Das ist eine Sicht auf der die Welt, die nur das sehen will, was aus etwas Gegebenem gemacht wird. Sie zerteilt das Gewachsene um des brauchbaren Willen: Ich will, du musst. Nicht alles, was mit dem Schneiden von Holz zu tun hat, stellt etwas her, was man in Gebrauch nehmen kann, wie ein Brett, aus dem ein Schrank, ein Tisch oder ein Bett entsteht. Dennoch vermuten wir, dass wir die Gegenstände, die wir sehen und brauchen können, sehr gut kennen.
Die Kunst von Adrian Künzi hat etwas Archaisches. Gehen sie in ein Haus hinein, es wird ihnen vorkommen, als betreten sie ein Bretterhaus eines Naturvolkes. Die hohen Häuser und die langen Schatten haben etwas Mystisches, Religiöses.
Warum? Weil sie einen Sinn implizieren, einen Sinn, auf den sie verweisen ohne ihn preiszugeben. Was ist der Sinn von Kunst? Warum bedient sich Adrian Künzi solcher Formen?
Viele erinnern an Räume, Boote, Häuser – kurz: Sie zeugen von der Selbständigkeit der Welt. Wir haben diese Formen alle schon irgendwo gesehen, irgendwie bringen sie eine Seite in unserem Innern zum Klingen. Wir glauben zu verstehen, was wir sehen.
Die Holzschnitte von Adrian Künzi mögen archaisch wirken, aber sie sind es nicht, sie sind modern. Das erkennt man daran, dass die Drucke keinen natürlichen, alltäglichen Kontext haben, in dem sie selbstverständlich wären. In der Entwurfsphase berücksichtigt er die abstrahierende Linienführung. Die Kettensäge und verschiedene Holzfräser liefern Künzi die nötigen Strukturen. Die entstandenen Faser- schnitte und die Faserung vom Holz selber werden so zur Aussagekraft und in die Gestaltung eingebettet. Er versucht die Holzschnitte zeichnerisch und gar mit körperlichem Elan zu gestalten und bringt so ein Gegensätzliches in ein Gleichgewicht. Wir Betrachterinnen und Betrachter erkennen, dass die Holzschnitte allesamt auf etwas anderes verweisen. Auf etwas, das sie nicht selbst sind. Insofern sind die Drucke Zeichen, Chiffren und Rätsel. Es handelt sich um konkrete und um neue Kunst. Zwar wählt auch Adrian Künzi aus der Fülle das aus, was er zeigen will – er wählt archaisierende Häuser, sie erinnern uns an Uraltes, aber sie sind modern. Weil sie einen Bruch erkennen lassen, den Riss der durch die Welt und unsere Seele geht. Damit lässt diese Kunst eine Sehnsucht erkennen: Die Sehnsucht nach Ganzheit, die sich in Einfachheit offenbaren könnte.
Eine Kunst die Fragen aufwirft, leistet was sie muss.

 

Alfred Wüger

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