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«Zeno Eine Folge» Zinkätzungen

 

Bereits im 15. Jahrhundert, als der Holzschnitt zum Medium der Verbreitung von Bildideen wurde, gab es gelegentlich schon den Hochdruck von Metallplatten. So entstanden in Frankreich feinste Weißlinienschnitte als Buchillustrationen und im niederdeutschen Raum die vergleichsweise «groben» Schrotschnitte, bei denen mittels Punzen Löcher in das weiche Metall geschlagen wurden, so daß dann im Druck ein Bild aus weißen Punkten auf schwarzem Grund entstand. Doch diese Verfahren verschwanden nach wenigen Jahrzehnten wieder. Anfang des 19. Jahrhunderts erfand dann der englische Künstler William Blake das Verfahren der Zinkätzung. Er zeichnete mit Deckfirnis direkt auf die Metallplatte, um anschließend ein Relief zu ätzen, das für den Hochdruck geeignet war. Doch seine Findung blieb ohne nennenswerte Nachfolge. Lediglich im Spätwerk des Karlsruher Malers und Zeichners Karl Hubbuch gibt es aus den 50er Jahren unseres Jahrhunderts eine Reihe beachtlicher, aber wenig bekannter Zinkätzungen. Seit Anfang der 80er Jahre experimentiert Volker Lehnert mit dieser seltenen Technik. Gehört sie vom Druckverfahren eindeutig zum Hochdruck, ist doch das Vorgehen der Ätztechnik der Radierung verwandt und es sind durchaus auch Platten denkbar, die sowohl im Hoch- wie im Tiefdruck zu drucken wären. Volker Lehnert zeichnet mit verdünntem Asphaltlack mittels Pinsel oder Feder direkt auf die Zinkplatte. Halbtonflächen werden manchmal auch mittels einer Bürste und eines Drahtsiebes aufgespritzt, feine Linien mit der Radiernadel in geschlossene Asphaltlackflächen hineingezeichnet. Mit verdünnter Salpetersäure wird dann unter mehrmaligem, stufenweisem Abdecken langsam ein Relief in die Platte hineingeätzt, ein langwieriger Vorgang, da ungleich größere Mengen Metall weggeätzt werden müssen als bei einer Radierung. Durch gezieltes Aufätzen der polierten Plattenoberfläche entstehen feinste Strukturen, die im Druckbild als Grauwerte erscheinen. Oft werden die Platten außerdem noch mechanisch mit feinen Fräsen weiterbearbeitet. Die Serie «Zeno Eine Folge» entstand 1997 bis 1999 und gehört zu einer umfangreichen, gleichnamigen Werkgruppe von Zeichnungen und großformatigen Leinwänden. Sie reflektiert die intensive Auseinersetzung des Künstlers mit den mittelalterlichen Bronzetüren von S. Zeno in Verona. Fasziniert von den archaischen Bilderzählungen mit ihrer geradezu modern anmutenden ZeichenSprache, arbeitete Volker Lehnert zunächst tagelang vor Ort. Doch diese ersten Zeichnungen waren schon mehr als eine Klärung und Vergewisserung: ein persönlicher Akt der Anverwandlung. Mit diesem «Material» ins Atelier zurückgekehrt, nahm dann in den folgenden Monaten aus der notwendigen räumlichen und zeitlichen Distanz heraus das für den Künstler Wesentliche Gestalt an, ohne die Befangenheit des Sichtbaren. «Bei meiner Beschäftigung mit der Druckgraphik», sagt Volker Lehnert, «spielt das widerständige Material eine entscheidende Rolle. Einen Teil der sinnlichen Präzision, um die es mir geht, trägt es quasi schon in sich. Die künstlerische Sprache zeichnet sich ja gerade dadurch aus, daß sie nicht bloß Medium, sondern vor allem Material ist, aus dessen Eigengesetzlichkeiten heraus die Inhalte geprägt werden oder gar erst entstehen. Wenn ich eine bestimmte graphische Technik einsetze, hat das mit dem Wunsch zu tun, die eigene Bildsprache aus den Bedingungen des Materials und der Bearbeitungsprozesse heraus weiterzuentwickeln. Ich liebe es, wenn das Material Widerstände entgegensetzt, zu neuen Formfindungen zwingt oder meine bisherigen Möglichkeiten erweitert und präzisiert. Mich interessiert das Drucken als Prozeß der Findung von Bildideen, nicht als Möglichkeit, zeichnerisch oder malerisch Vorformuliertes zu reproduzieren».

 

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