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Erika Lehmanns Holzschnitte, aber auch ihre neuen Acrylmalereien, bewegen sich zwischen zwei Welten.
Es klingt die Dekorationskunst Afrikas an, und es lassen sich Bezüge zur westlichen Zeichenmalerei herstellen, zu deren bedeutendsten Exponenten Paul Klee, A. R. Penck und Keith Haring gehören.
Dem Ähnlichen, dem Verwandten, strebt Erika Lehmann nicht noch, ihm kann also keine vorbildliche Wirkung attestiert werden.
Ob sie die Druckplatte oder die Leinwand bearbeitet immer handelt Erika Lehmanns Kunst von Zeichen und Symbolen.
Sie treibt die Stilisierung ihrer Bildelemente so weit dass die eindeutige Bedeutung zurücktritt zugunsten einer Vielzahl von Lesemöglichkeiten, zugunsten offener Interpretationen.
Handelt es sich beispielsweise bei der Aneinanderreihung von Rechtecken um eine Leiter, ein Bahngeleise oder gar um einen Wurm? Ist jenes eine Maske oder ein Haus? Ist dieses ein Totenschädel oder ein einfaches Gerät? Die Antworten zu finden, ist dem Betrachter überlassen.
Leicht macht es uns Erika Lehmann nicht, denn sie spielt unbeschwert mit den Massstabsverhältnissen und wechselt die Sichtweisen. Klein oder gross? Aufriss oder Grundriss? Ganz bewusst stört die Künstlerin die konsequente Ordnung und verwirrt unser Auge und unser Gehirn.
Das vieldeutige Bildvokabular könnte als Rohmaterial für die verschiedensten, vom Betrachter auszudenkenden Geschichten dienen.
Im Gegensatz zu traditionellen Bilderschriften oder Bilderrätseln gibt es bei Erika Lehmann keine vorgegebene lineare Leseweise.
Die Zeichen und Symbole sind hier auf die Fläche gebracht als wären sie aus dem Schüttelbecher gestürzt worden. Sind sie das?
Zweifellos nicht.
Denn es ist nicht zuletzt das sorgsame Zusammenspiel zwischen leerer und besetzter Fläche, das diese Bilder auszeichnet.
Überaus subtil sucht sie die harmonische Verbindung der Einzelelemente, wobei sie die ausgewogenen, wohlgefällig rhythmisierten Partien in Spannung zu kühn plazierten Störelementen setzt.
Während auf den Holzschnitten die einzelnen Elemente wie Inseln im Blattweiss plaziert sind, folgen die Acrylmalereien dem Prinzip der Vernetzung.
Der Schwarzweiss-Holzschnitt zwingt zur Vereinfachung, die Acrylmalerei erlaubt die Differenzierung.
Das gilt bei Erika Lehmann sowohl formal als auch inhaltlich.
Mit Hilfe der Farbe und der Zwischentöne gelangt sie zu komplexen Aussagen. Hintergründig und doppelbödig sind die einen wie die anderen Arbeiten.
Erika Lehmann hält es mit Karl Kraus, der postulierte, der Künstler habe nicht Fragen in Antworten zu verwandeln, sondern Antworten in Fragen.

 

Peter Killer, Leiter Kunstmuseum Olten

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